Der Zehnte und die Zehntablösung in Betzenhausen

Der historische Text hier stammt aus einer Festschrift, die im Jahr 1958 anläßlich der 50 jährigen Zugehörigkeit zur Stadt Freiburg erstellt wurde.


Der Zehnte

Der schon seit uralten Zeiten eingeführte und bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts erhaltene Zehnte war ursprünglich zum Lebensunterhalt für die Diener der Kirche bestimmt und umfaßte die Abgabe des 10. Teiles des Ertrags von allen Früchten des Landes, die sich auf alttestamentliche Vorschriften gründete. Die Bauern des Mittelalters seufzten schwer unter der Last der Abgaben, und der Aufschwung, den die Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu nehmen begann, kam nur in verhältnismäßig geringem Maße den kleinen Bauern zugute. Schuld daran waren die privatrechtlichen und lehensrechtlichen Abgaben, die staatlichen Steuern und der Kirchenzehnte.

Es wurden zweierlei Zehnten unterschieden, der große und der kleine Zehnte. Zum großen Zehnten gehörten: Weizen, Halbweizen, Roggen, Gerste und Hafer. Zum kleinen Zehnten gehörten: Kartoffel, Hanf, Flachs, Welschkorn, Lewat (Reps), Kraut, Kernobst und Heu. Zehntfrei waren: Klee, Steinobst und die zweite Frucht.

Es waren sechs Zehntherren

(Decimatoren), denen die Betzenhausener zehntpflichtig ihren Tribut entrichten mußten, an

  1. die von Schach’schen Erben (von Schach war ein Königlich Bayerischer Regierungsrat) mit 307 Jauchert
  2. Freifrau von Brandenstein mit 100 J.
  3. die Großherzogliche Domänenverwaltung mit ca. 30 J.
  4. die Sapienzstiftung Freiburg mit ca. 27 J.
  5. das Heiliggeistspital mit ca. 11 J.
  6. die Pfarrei Lehen mit ca. 21 J.

Die Zehntpflicht dauerte bis zum Jahre 1843.

Zehntablösung in Betzenhausen

Mit dem 1. Januar des genannten Jahres hörte der Zehntbezug auf. Die Gemeinde Betzenhausen schloß aufgrund des Zehntablösungsgesetzes vom 15. November 1833 in den 50er Jahren mit sämtlichen Zehntherren einen Zehntablösungsvertrag, der sich in der Hauptsache neben einigen unwesentlichen Punkten mit der Höhe der Ablösungssumme für den großen und kleinen Zehnten, mit der Einstellung des Zehntbezuges und mit der Art der Verzinsung befaßte. Der Bemessung des von den. Zehntberechtigten berechneten Ablösungskapitals wurden bei dem großen Zehnten die rechnungsmäßigen Ergebnisse vom Jahre 1818—1832 zugrunde gelegt, bei dem kleinen Zehnten wurde aber der Durchschnittsertrag aus dem Jahre 1838 und 1839 angenommen, der Heuzehnte durch Schätzung ermittelt. Das danach berechnete Ablösungskapital der einzelnen Zehntherren betrug:

  1. für die Schach’schen Erben 13 000.— Gulden
  2. für die Freifrau von Brandenstein 773.20 G.
  3. für die Großherzogliche Domänenverwaltung 962.20 G.
  4. für die Universität Freiburg namens der Sapienzstiftung 714.07 G.
  5. für die Heiliggeistspitalverwaltung 338.48 G.
  6. für die Pfarrei Lehen 500.— G.

Als Bevollmächtigte der Gemeinde Betzenhausen zeichneten in den Ablösungsverträgen Bürgermeister Zähringer und die Gemeinderäte Georg Rohrer, Michael Albrecht und Michael Disch.

Die Ablösung der Baulasten erfolgte nach dem Zehntbaulasten-Ablösungsvertrag vom 17. Januar 1848 und vollzog sich teils auf friedlichem, teils auf ernstem Wege. Es handelte sich hier hauptsächlich um die Baulastenablösung für Unterhaltung evtl. Ausbau der Kirche. Nach dem Bauedikt vom Jahre 1808 fiel die Baupflicht in Ermanglung eines bestimmten Bauherrn den Zehntherren zu, die nach Verhältnis ihres Zehntbezuges zu den Kosten beizutragen hatten. Sämtliche Decimatoren anerkannten die sekundäre Baupflicht an der Kirche. Als primär baupflichtig wurde der Kirchenfond zu Betzenhausen vorgeschoben, obgleich der Stiftungsvorstand versicherte, daß derselbe nach Abzug der laufenden Bedürfnisse durchaus keine Baumittel besitze. Ein größerer Streit entstand über die Baupflicht der Kirchhofmauer. Nach einer Bestimmung haftete die Baupflicht der Kirchhofmauer an dem Zehnten, sobald sie zugleich den Kirchenvorhof einschloß und zum Schutze der Kirche nötig war. Über die letztere Frage einigte man sich dahin, daß, soweit sie der Straße entlang führt, sie den Zweck habe, die Kirche „gegen Beschädigungen von Fuhrwerken” zu schützen und.nicht entbehrt werden könne und deshalb als eine abzulösende Baulast anzusehen sei. Der andere Teil, der nur zur Einfriedigung diente, sei von der Gemeinde zu unterhalten
und, wenn erforderlich, neu zu erstellen.

Die Bauablösungssumme richtete sich nach dem Ablösungskapital und betrug für:

  1. die von Schach’schen Erben 1625.20 Gulden
  2. Freifrau von Brandenstein 100.53 G.
  3. das Großherzogliche Domänen-Ärar 125.32 G.
  4. die Universität Freiburg namens der Sapienzstiftung 93.09 G.
  5. die Heiliggeistspitalverwaltung 44.12 G.

Bei der Zehntschuldentilgungskasse in Karlsruhe wurde ein Darlehen von 8982 Gulden aufgenommen und anteilmäßig unter die Zehntherren verteilt, für den Rest der Ablösungssumme mit Zinsen wurde eine Umlage erhoben. Nach dem Zehntablösungsgesetz hatte der Staat ein Fünftel der Ablösungssumme zu leisten. Der letzte Beitrag für das Darlehen an die Zehntschuldentilgungskasse in Höhe von 237.32 Gulden wurde am 16. Februar 1863 gezahlt.

Schon im Jahre 1819 hat Herr von Rotteck, Oberbürgermeister der Stadt Freiburg, als Mitglied der Ersten Kammer der Badischen Stände in einer Sitzung gesagt: der Zehnte müsse abgeschafft, nicht losgekauft, sondern unmittelbar durch die Gesetzgebung aufgehoben werden. Es kam anders. Der Zehnte wurde abgelöst. Mit dieser Ablösung hat auch für die Betzenhausener Bauern eine Einrichtung ihren Abschluß gefunden, die jahrhundertelang drückend auf ihren Schultern gelastet hat, und die schon in jener Zeit als eines der abenteuerlichsten Institute bezeichnet wurde, das mit allen Begriffen des Rechts in Widerspruch stand.

Der historische Text hier stammt aus dem Jahr 1958
(aus der Festschrift anläßlich der 50 jährigen Zugehörigkeit zur Stadt Freiburg).


Weitere Beiträge

Zehntherr und Zehntknecht

Ein Zehntknecht sollte für das Eintreiben der Abgabe sorgen. Eindrucksvoll ist der nachfolgende Auszug aus einem Bericht im Stadtteil-Magazin Bürgerblättle von 1977: Widergegeben wird die Anweisung eines Zehntherrn an seinen Zehntknecht im Jahr 1785.

„Was der Zehntknecht bei seinen Eiden zu tun hat:

  1. Sobald das Heu in Haufen zusammengerecht ist, soll der Zehntknecht von Matte zu Matte gehen und sehen ob die Haufen gleich groß sind. Falls der Eigentümer nicht willens ist, Ungleichheit zu beseitigen, soll er dem Ortsvogt angeziegt werden.
  2. Jeder zehnte Haufen soll markiert werden. lst die Markierung wider Zucht und Gewissen entfernt, so soll es dem Vogt angezeigt werden.
  3. Falls nur drei oder vier Haufen auf einer Matte gemacht werden, so soll der Zehntknecht den dritten Teil von einem Haufen fordern, bei fünf Haufen die Hälfte. Verweigert das der Eigentümer, soll er dem Vogt angezeigt werden.
  4. Der Zehntknecht soll nicht von einer Matte auf die andere zählen, sondern von jeder Matte extra den Zehnt einziehen.
  5. Der Zehntknecht soll aufpassen, daß der Eigentümer nicht das gute Futter für sich behält und das saure dem Zehntherrn gibt.
  6. Was den Fruchtzehnt betrifft, so soll er aufpassen, daß er die Garben ordentlich abzählt.
  7. Er soll nie zulassen, daß die Garben in 11. bis 14. eingeteilt werden zum Nachteil des Zehntherren.
  8. Von vier Garben sind ein Drittel von fünf Garben die Hälfte zu fordern. Wenn sie nicht wollen, dem Vogt anzuzeigen.
  9. Es soll nicht von einem Acker auf den anderen gezählt werden.
  10. Beim Hanfzehnt soll der Zehntknecht von 10 Bund des zehnten und von 5 Bund einen halben nehmen.
  11. Beim Erdäpfelzehnt hat der Zehntknecht zu beobachten, daß das Feld mit Ruten oder Stangen abgemessen wird. Jede zehnte Rute gehört dem Zehntherren und die Kartotfeln sollen im Boden bleiben. Sie werden vom Zehntherren oder Beständer selbst ausgemacht.
  12. Will der Eigentümer aber die Kartoffeln sofort ausmachen, so soll der Zehntknecht vom Feld jeden 10. Korb nehmen, ja nicht erst im Haus!
  13. Bei Gerste soll jeder zehnte Bund bezogen werden.
  14. Der Zehntknecht soll ein ordentliches Aufschreibbüchlein oder Register halten, worin alles aufgezeichnet wird.
  15. Der Zehntknecht soll beim Einbringen der Frucht gegenwärtig sein und auch beim Dreschen gegen Lohn mithelfen.
  16. Der Zehntknecht bleibt auch im Falle einer Verpachtung immer an den Zehntinhaber angewiesen und es steht dem Zehntherren frei, ihn zu entlassen und einen anderen einzustellen.
  17. Der Zehntknecht hat in der Heuerntezeit jeden Sonntag beim Zehntherrn zu erscheinen und ihm über alles Nachricht zu geben.
  18. Sein Lohn beträgt 20 Gulden in bar, falls er aber seine Schuldigkeit voll erfüllt, soll er noch weitere Vergütung haben.
  19. Letztlich wird dem Zehntknecht noch auferlegt, daß er alle Matten und Felder die kein besseres Gartenrecht beweisen können, den Zehnt abfordert und wenn sie sich weigern, dem Zehntbesitzer anzeigen.

Grundherrschaft 11
gez. Josef von Schach
Edler von Königsfeld“

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