Bauernbefreiung in Betzenhausen

In alter Zeit war die rechtliche Stellung der Bauern von Betzenhausen durch unterschiedliche Abhängigkeiten geprägt. Einerseits waren sie als Leibeigene einem Herrn zugehörig –
seit dem 25. Mai 1381 der Stadt Freiburg -, andererseits hatten sie Abgaben an verschiedene Zehntherren zu leisten.

Die Leibeigenschaft hatte die Ortsgebundenheit, gekoppelt mit Abgaben und Frondiensten, zur Folge. Ein Betzenhauser Untertan durfte somit früher keineswegs ohne Genehmigung
seinen Ort verlassen und woanders wohnen. Es bestand jedoch die Möglichkeit, sich mittels Bezahlung eines Entlassungs oder Manumissionsgeldes freizukaufen. Auch durch Heirat
eines ortsfremden Partners konnte bei Zustimmung der Leibherrschaft die Leibeigenschaft auf einen anderen Herren übergehen, womit ein Ortswechsel möglich wurde. Und getreu
dem geflügelten Wort „Stadtluft macht frei“ wurde ein Leibeigener, der mehr als ein Jahr „ungesucht‘“ in einer Stadt lebte, ein freier Bürger.

Neben dieser erzwungenen Sesshaftigkeit drückten natürlich die Abgaben von Naturalien, Geld, Zahlungen aus der Hinterlassenschaft eines jeden Toten und die Leistung der
Frondienste die Menschen. Außerdem litten sie noch unter der Entrichtung unterschiedlicher Zehntabgaben.

Das Jahr 1782 stellt eine einzigartige Zäsur für die geplagten Bauern Vorderösterreichs und somit auch Betzenhausens dar: Josef II. hob die Leibeigenschaft auf.

Den nächsten großen Fortschritt für die Menschen in Betzenhausen brachte das Jahr 1806 mit dem Übergang des ursprünglich vorderösterreichischen Gebietes ins Großherzogtum Baden. Aus den nicht mehr leibeigenen, aber gleichwohl untertänigen Betzenhausern wurden freie Bürger. Betzenhausen bekam einen Gemeinderat, einen Gemeindeausschuss und einen von ihm gewählten Bürgermeister. Eines war jedoch noch wie früher: Die Betzenhauser hatten immer noch ihre Zehntabgaben zu leisten, welche ursprünglich zum Lebensunterhalt der Diener der Kirche bestimmt waren.

Am 15. November 1833 beschlossen nach mehr als zehnjährigen Verhandlungen das Badische Parlament und die Regierung das Zehntablösungsgesetz: Schon aus der langen Verhandlungsdauer für dieses Gesetz kann man auf die Komplexität der Materie schließen. Auch nach dem Beschluss des Gesetzes war die allgemeine Zehntablösung ein schwieriger Prozess; besonders umstritten war die Berechnung der Zehntablösungssummen.

Ein Zeitplan sah verschiedene Stadien bezüglich der Bedingungen für eine Ablösung vor: Erst ab dem 1.1.1838 konnte eine Gemeinde, wenn mindestens ein Drittel ihrer Zehntpflichtigen zustimmte, die Zehntablösung von den Zehntherren selbst verlangen, vorher konnte dies nur im Einvernehmen mit dem Zehntherren geschehen.

In Betzenhausen verlangten die Bürger im Jahr 1840 die gemeinschaftliche Ablösung der Zehnten. Im Stadtarchiv findet man folgendes Dokument:

„Stimmprotokoll:

Über die Zehnt Ablösung im hiesigen Bahn.

Alle dieselben welche sich die bestimmung dazu geben, haben sich in diesem Protokoll underschrieben“
(es folgen 32 Unterschriften)
„Geschehen Betzenhausen d. 6ten May 1840
Bürgermeister Zehringer“

Da hatten die Betzenhauser Bauern begonnen, die sechs unterschiedlichen Zehntberechtigten, u. a. die Freiherren zu Brandenstein, die Heiliggeistspital-Stiftung und die Universität Freiburg, abzufinden. Die Zehntpflicht endete für die Betzenhauser im Jahr 1843.

Obwohl der Staat ein Fünftel der Zehntablösungssumme übernahm, stürzte die Ablösung die Bauern in immense Schulden, da sie große Kredite bei der Zehntschuldentilgungskasse in Karlsruhe aufnehmen mussten. Dies verschlechterte die wirtschaftliche Lage der gesamten Gemeinde Betzenhausen.

So hatten sich mit dem Jahr 1843 die Betzenhauser endgültig von allen alten Abgaben befreit, sich jedoch auch in neue finanzielle Abhängigkeiten begeben.


Ein Beitrag des KuGe in Bürgerblättle 181, Dez. 2006 / Jan. 2007

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