St. Albert Kirche – Krone moderner Architektur

Für etwa 100 Menschen bot die warme Lichtgestalt der Kirche von St. Albert und das Angebot, über diese Kirche etwas zu hören, einen Anreiz, die heraufziehende Dämmerung und das an diesem Abend kalte und regnerische Wetter zu fliehen. Herr Dr. Thomas Hammerich stellte in einem Einführungsvortrag Herrn Hartmann Litschel vor, Architekt und Künstler und in Betzenhausen beheimatet. Bekannt ist Herr Litschel durch Aquarelle und Zeichnungen der Stadtteile Betzenhausen und Bischofslinde sowie der St. Albert-Kirche.

Herr Dr. Hammerich schlug einen Bogen-von heute zurück in die Geschichte, Die ungewöhnliche Form von St. Albert. Außerlich radikaler als von innen anzuschauen, hat Vorläufer in den Zentralbauten verschiedener Jahrhunderte. Die achteckige romanische Kirche von Ottmarsheim, nachgeahmt der Aachener Pfalzkapelle des Kaisers Karl d. Gr., San Vitale in Ravenna sowie die Hagia Sophia des 6, Jahrhunderts im damaligen Konstantinopel sind Beispiele dafür, wie eine Form eine Funktion erfüllt: ein Reich, ein Dach, ein Herrscher, ein Gott.

Die achteckige Form, die einen Raum umhüllt, und ihre 16-eckige Verstärkung z. B in St. Albert, sind Ausdruck der beliebten Zahlenspiele über Jahrhunderte und Jahrtausende (Jesus ist am 8, Tag der Karwoche von den Toten auferstanden, die Zahl 16 als ihre Verdoppelung ist ein Hinweis auf das Himmlische Jerusalem, welches im Apokalypse-Text als Zentralbau beschrieben ist).

Herr Litschel hat bei seinem Architekturstudium die erste Berührung mit dieser Kirche gehabt, dies hat ihn nicht mehr losgelassen. Er erläuterte, dass Kirchenbauten ihren Stil immer verzögert zu den Profanbauten ändern. So wurde Beton ab dem 19. Jahrhundert als neuer Baustoff gern verwendet. Für die Kirchenbauten mußten aber zuerst überlieferte Vorstellungen von religiösem Bauen überwunden werden. Gefördert von Papst Pius X., welcher den Gläubigen eine ungehinderte Sicht auf den Altar ermöglichen wollte, entstanden Rundbauten aus Beton oder Stahl-Beton. In Paris, in Köln, in Neu-Ulm entstanden so Rundbauten, Zentralbauten, die nicht mehr hoch aufragten und einen Stadtteil beherrschten, sondern den öffentlichen Charakter ihres Dienstes zur Geltung bringen sollten und Liturgie für die Gläubigen sichtbar mitfeiern ließen, was bei den alten Bauten in Kreuzesform, manchmal noch mit einem Lettner als trennendes Element, nicht möglich war.

In einem zweiten Teil erläuterte Herr Litschel die Architektur der Kirche, das Verhältnis von Wandflächen und Glasfenstem, die je nach Lichteinfall dem Innenraum eine wechselnde Lichtgestalt geben. Er informierte über bauliche Besonderheiten, Abmessungen und. Gewichte, über die ungewöhnliche Vorfertigung der Säulenelemente in einem auswärtigen Betonwerk statt vor Ort und deren Aufrichtung durch zwei riesige Kräne innerhalb von 15 Tagen sowie den Einbau der „Laterne“ im Scheitelpunkt, welche die Krone trägt. Bei seinem Vortrag zeigten sich auch die akustischen Probleme dieser 16-eckigen „Zitronenpresse“, wie sie von den Einwohnern liebevoll genannt wird.

Aus einem Bericht des KuGe im Bürgerblättle 155 (Dez. 2000)


 

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