Ortsherrschaft durch Freiburg für 400 Jahre (ab 1381)

Die Stadt Freiburg hatte sich rasant entwickelt und die Bürger waren es leid, Untertanen des Grafen von Freiburg zu sein. Im Jahr 1368 hatte man sich sogar losgekaufen um dann lieber zur habsburgisch-vorderösterreichischen Landesherrschaft unterstellt zu sein: offenbar war das Selbstbewusstsein der Bürger und der Wille zur Selbstbehauptung mächtig gewachsen.

Und Freiburg hatte sich auch schon damals die Erweiterung ihres Territoriums zum Ziel gesetzt. Die erste von der Stadt Freiburg durch Kauf erworbene Ortschaft war Betzenhausen. Am 25. Mai 1381 verkaufte Franz Geben-Sigstein, an den noch heute die Sigsteinstraße erinnert, das Dorf an die Stadt Freiburg, die jetzt ihren Herrschaftsbereich ganz erheblich nach Westen verschieben konnte. Dann folgte der Kauf einer Reihe von Ortschaften des Dreisamtales, die der Talvogtei Kirchzarten unterstellt wurden, und im Jahr 1587 (also fast 200 Jahre später) kam auch das Dorf Lehen hinzu.

Die Eingliederungspolitik der Stadt Freiburg nahm also bereits vor über 600 Jahren ihren Anfang mit dem Erwerb von Betzenhausen. Doch damals wurden die Bauern nicht um Zustimmung gefragt: Sie wurden sie einverleibt als Untertanen, die einem vorgesetzten Vogt den Untertaneneid schwören mussten. Das Wohl der Stadt und ihrer Bürger, nicht das Wohl der Bauern, war die Priorität. Man kann davon ausgehen, dass die Menschen von Betzenhausen in diesen Jahrhunderten nicht besonders wohlwollend von der Stadtherren behandelt wurden.

Ganze 425 Jahre dauerte die Grund- und Ortsherrschaft der Stadt Freiburg über Betzenhausen: Erst 1806 wurde das Dorf selbständige Landgemeinde (siehe weiter hinten).

Als auch Herdern im Jahr 1457 zur Stadt kam und die dortigen Bewohner den Freiburger Bürgern in den Zünften gleichgestellt wurden, als man ihnen die freie Vogtswahl zugestand und sie vom „Erschatz und Fall“ befreit wurden (jener besonders drückenden Last beim Güterwechsel), da hatten auch die Betzenhausener Bauern gehofft, dass sie gerechter würden. Doch „Stadtluft, die frei macht“, wehte seinerzeit nicht nach Betzenhausen. Bis ins 19. Jahrhundert wurde den Dorfbewohnern das Bürgerrecht verwehrt; sie blieben Untertanen und mussten sogar den Freiburgern Torzölle bezahlen.

Betzenhausens eigener Boden war damals wenig ertragreich, die Bauern mussten Frondienste für die Grundherren leisten. Und der große und kleine Zehnte sowie „Erschatz und Fall“ musste entrichtet werden. Obwohl die Banngrenze bis zum Mooswald reichte, erhielt Betzenhausen keinen eigenen Wald zur Nutzung: den Mooswald hatte die Stadt Freiburg von Anfang an allein für sich beansprucht. Die Betzenhausener Bauern erhielten nur ein Weidrecht im Mooswald und Rotlaub zugestanden. Als besondere Vergünstigung gab es lediglich den verbilligten Holz- und Salzkauf von der Stadt.

Im Zeichen des Bundschuh (1513)

So kam die Zeit (Anfang der 1500-er Jahre), als den Bauern die schlechte Lage immer mehr bewusst wurde. Im Elsass und in der Schweiz, im Frankenland, Unterland und Schwarzwald gährte es schon in den beiden ersten Jahrzehnten vor dem großen Bauernkrieg. Die Bauernbewegung begann und sie machte vor Lehen und Betzenhausen nicht Halt. Als Joos Fritz aus Untergrombach als Bannwart in Lehen angestellt wurde, hatte er schon seine Erfahrungen als Führer der Bauernbewegung im Zeichen des Bundschuh, einem Sinnbild für den Kampf des Bauernstandes für Freiheit und Recht. Im Lehener Bundschuh suchte er erneut, seine Ideen zu verwirklichen und fand auch Anhänger bei den Bauern in Betzenhausen. Da aber die Bauern weder beim Landesherrn, noch bei den Grundherren und den Stadtbürgern Gehör fanden, begannen sie sich zu solidarisieren und dann auch in den Untergrund zu gehen. Doch weder der Lehener Bundschuh von 1513, noch der große Bauernkrieg im Jahr 1525, vermochten es, die alte feudale Gesellschaft zu verändern.

Unter denen, die an der nächtlichen Verschwörung auf der Hartmatt im September 1513 teilgenommen hatten, befanden sich auch Betzenhausener Bauern. Nach dem Verrat eines geheimen Plans wurden dreizehn Verschworene in Freiburg hingerichtet, darunter auch drei Betzenhausener Bauern. Den anderen Bauern von Lehen und Betzenhausen wurde zur Strafe von der Stadt Freiburg im Jahr 1514 der Weidgang entzogen, da der „mördlich Handel“ bei ihnen entsprungen sei. Erst auf einen demütigenden Bittgang hin, hat die Stadt den Weidgang wieder gestattet, aber nur gegen eine Abgabe.

Die zwölf Artikel des Bundschuh, für die die Bauern starben, gehören heute fast ausnahmslos zu den gesetzlich geschützten Rechtsgütern unserer Gesellschaft. Leibeigenschaft und Fron sind aufgehoben, der Zehnte sowie „Erschatz und Fall“ sind beseitigt, Jagd und Fischfang sind keine Reservate der Herren und die willkürliche Bestrafung ohne Gesetz ist untersagt. Nicht nur im Grundgesetz, auch in der UNO-Charta über die Menschenrechte und Grundfreiheiten sind Rechte verbrieft, für welche die Bauern gestritten hatten. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden ihnen grundlegende Rechte und Freiheiten gewährt.

Die Bundschuhstraße und die Bundschuhhalle in Lehen erinnern an das Unternehmen des Lehener Bundschuh zur Befreiung der Bauern. Siehe weitere Ausführungen in unserem Beitrag „Der Bundschuh in Lehen„. Im Jahr 2013 (also 500 Jahre nach dem Aufstand) wurden die damaligen Entwicklungen in einer Sonder-Ausstellung gewürdig: Siehe unseren Beitrag zu 500 Jahre Bundschuh-Aufstand .


Der Text basiert teilweise auf der Festschrift zu „1000 Jahren Betzenhausen“ im Jahr 1973.

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