Ein Stadtteil von Freiburg (ab 1908)

Ganz grob lässt sich die historische Entwicklung von Betzenhausen in vier Abschnitte einteilen: von der ersten Erwähnung 972 bis zum aktuellen Stand als Stadtteil von Freiburg (siehe Übersicht zur Geschichte).


Eingemeindung 1908

Am 1. Januar 1908 wurde Betzenhausen zu Freiburg eingemeindet. Aber diesmal konnten die Menschen selbst entscheiden, anders als Jahrhunderte davor, als sie durch einen Vertrag des Hauses der Sigsteiner wie Zubehör an die Stadt Freiburg verkauft wurden. In einer Gemeindeversammlung am 26. Sept. 1907 stimmten  41 von 43 stimmberechtigten Betzenhausener Bürgern dem Anschluss an die Stadt zu. Zu dem Zeitpunkt waren die Betzenhausener ja schon über hundert Jahre freie Gemeindebürger: offenbar waren sie nicht nachtragend in Bezug auf die früher wenig freundliche Zeit mit Freiburg.

Dass der Vertrag mit Freiburg zustande kam, hatte auch mit dem Weitblick von Oberbürgermeister Dr. Winterer zu tun: Er erkannte schon frühzeitig die Bedeutung des Freiburger Westens für die generelle Stadtentwicklung Freiburgs. Dazu gehörten dann natürlich auch die 28o Hektar Land, die Betzenhausen mit seiner Gemarkung einbrachte. Überzeugend war aber die Mehrheit beim Freiburger Bürgerausschuß dann doch nicht (59 Ja- und 38 Nein-Stimmen). Schon am 18. September 1907 hatte es eine Vereinbarung zwischen der Stadt und der noch freien Landgemeinde gegeben. Die dort ausgehandelten Punkte wurden dann Gegenstand der Abstimmungen in der Gemeindeversammlung Betzenhausen und dem städtischen Bürgerausschuß.

Die Eingemeindung am Silvestertag des Jahres 1907 wurde zu einem glänzenden Dorffest: Besonders schön geschmückte Häuser, flatternde Fahnen, viele frohe und gut gekleidete Menschen, dies war das Ambiente für einen festlichen Tag des Jahresschlusses, der zugleich mit dem mitternächtlichen Glockenschlag die Eingemeindung der bisher kleinen freien Landgemeinde Betzenhausen innerhalb des Großherzogtums Baden in die Stadt Freiburg bringen sollte.

Ab dann hatte Betzenhausen auch Vertreter in in den städtischen Gremien. Schon bei der ersten Stadtratssitzung nach der Eingemeindung gab es eine erfreuliche Überraschung: den Betzenhausener Vertretern wurden 15 Erdöllampen überreicht, die im Vorort angebracht werden sollten. Die Betzenhausener Familien freuten sich, daß es alsbald auch nachts in ihrem kleinen Ort hell geworden war.

Postkarte mit Bild von Betzenhausen (ca. 1918)

Ganz umsonst hat Betzenhausen die Selbständigkeit ohnehin nicht aufgegeben: fünfzehn Erdöllampen sollten schon bald das Dorf beleuchten, die Wasserleitung und das elektrische Licht kamen, der Bau des ersten eigenen Schulhauses an der Hofackerstraße wurde Wirklichkeit (heutige Gerhard-Hauptmann-Schule) und Betzenhausener Schulkinder mussten damit nicht mehr Schulgäste in Lehen sein. Der ausdrückliche Wunsch Betzenhausens auf Anschluß an die elektrische Straßenbahn wurde freilich lange Zeit entäuscht (erst am 1983). Doch zumindest verkehrte ab dem 6. Sept. 1926 dank der Bemühungen des Ortsvereins erstmals der Omnibus Freiburg – Betzenhausen.

Wie Betzenhausen seinerzeit ausgesehen hat, zeigt ansatzweise das Bild rechts einer früheren Postkarte: zu sehen ist die Lehener Straße (heute Sundgauallee) mit Bäckerei und Kolonialwarenhandlung Ritt (Gebäude vorn rechts), danach das Feuerwehr-Spritzenhaus (direkt dahinter) und den alte „Bären“ weiter rechts im Hintergrund.


Wichtige Vereinbarungen zur Eingemeindung

  1. Der Zeitpunkt der Eingemeindung ist der 1. Januar 1908. Zur Verwirklichung ist aber die Zustimmung der großherzoglichen Regierung und des Landtages noch innerhalb des Jahres 1907 notwendig.
  2. Der bestehende Bürgernutzen wird den im Genuß befindlichen Bürgern nach den bisherigen Grundsätzen belassen. Diesen sollen aber nicht nur Bürger erhalten, die bis zum 1.1.1908 gerade 25 Jahre alt werden sondern auch diejenigen, welche nach den Regeln des Bürgernutzens die Bedingungen innerhalb der nächsten 10 Jahre erfüllen. Also auch 14- und 15-jährige Betzenhausener können noch im Laufe von 10 Jahren nach der Eingemeindung in den Genuß des Bürgernutzens kommen.
  3. Betzenhausen erhält innerhalb Jahresfrist  nach der Eingemeindung den Anschluß an die allgemeine Wasserleitung und wird mit der notwendigen Anzahl von Hydranten versorgt.
  4. Die Stadt verpflichtet sich weiterhin, auf einem noch zu bestimmenden Platz (1909 an der Hofackerstraße fertiggestellt!) ein Volksschulhaus für eine genügende Anzahl von Klassen (die Bevölkerung betrug rund 600 Seelen) zu erstellen.
  5. Die Stadt verspricht, die bestehenden Gemeindeämter beizubehalten und ihre Inhaber wie Bürgermeister, Ratschreiber, Gemeinderechner, Polizeidiener, Farrenwärter und Ziegenbockhalter, Feldhüter und Hebamme  soweit wie möglich in ihrem bisherigen Dienst und mit den entsprechenden Bezügen weiterzubeschäftigen.
  6. Zur Bequemlichkeit der Betzenhausener Bürger sollen bewährte Zweigstellen städtischer Ämter beibehalten werden.
  7. Ortspolizeiliche Bestimmungen der Stadt dürfen nur unter Berücksichtigung des landwirtschaftlichen Charakters von Betzenhausen eingeführt werden. Besonders bei den bestehenden Schlachtverhältnissen sollen vorerst keine Änderungen vorgenommen werden, gleiches gilt für das Beerdigungswesen. Natürlich, so wird betont, dürfen die Betzenhausener Bürger städtische Gemeindeanstalten der Altstadt nach Belieben nutzen.
  8. Auch die Zahl der Stadträte wird nach dem Gesetz zur entsprechenden Wahl geregelt.
  9. Vom Tag der Eingemeindung an gelten für Betzenhausen die gleichen Umlagen wie für die Stadt.

Das Abstimmungsprotokoll der Gemeinde Betzenhausen sieht noch vor, daß die Stadt Sorge tragen soll, für die Erweiterung der elektrischen Bahn nach Betzenhausen nachdrücklich einzutreten.


Der Text basiert zum großen Teil auf der Festschrift „90 Jahre Zugehörigkeit zur Stadt Freiburg“ im Jahr 1998 (mit Texten von Harald Albiker): ein Sonderheft zum Stadtteil-Magazin „Bürgerblättle“ mit vielen weiteren Details zur Eingemeindung .

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